Forstliche Genressourcen

Genetische Charakterisierung von Weißtannen-Herkunftsversuchen

 

Bis weit in die 1980er Jahre hinein waren nur geringe Kenntnisse zur nacheiszeitlichen Verbreitung der Weißtanne über das heutige Verbreitungsgebiet vorhanden.1987 wurde von der IUFRO-Arbeitsgruppe 1.05-16 "Ökologie und Waldbau der Weißtanne" ein 1. Provenienzversuch initiiert. Hierbei wurden auch in Rheinland-Pfalz zwei Versuchsflächen mit unterschiedlichen Standortbedingungen in der Eifel und im Hunsrück mit 17 ausgewählten Herkünften aus dem Weißtannen-Gesamtverbreitungsgebiet sowie mit zwei Herkünften der Nordmannstanne angelegt. Auf beiden Flächen sind Weißtannen-Herkünfte aus Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Italien, Mazedonien, Rumänien, Serbien, der Schweiz sowie der vormaligen Tschechoslowakei eingebracht. Der "genetische Lückenschluss" beim nacheiszeitlichen Rückwanderungsgeschehen der Weißtanne aus dem Refugialbereichen des Balkan nach Ost- und Mitteleuropa wurde beim 8. Internationalen IUFRO-Tannensymposium 1996 in Jundola (Bulgarien) mit einem 2. Provenienzversuch festgelegt. Das in Ost- und Südosteuropas eingesammelte Saatgut wurde 2000 zentral auf dem Kamp Antonihof der FAWF Trippstadt angezogen. Im Herbst 2004 wurde in Rheinland-Pfalz im Bereich des FA Kusel eine Herkunftsversuchsfläche mit diesem Pflanzenmaterial angelegt sowie dieses an 5 weitere Versuchsansteller verteilt. An einer großen Anzahl Weißtannenvorkommen mittels Isoenzym-Genmarkern durchgeführte genetische Untersuchungen zur geografischen Verbreitung der genetischen Variation der Weißtanne ließen ausgeprägte arealspezifische Allele erkennen, die sich in den drei postgazialen Rückwanderungswegen (West- und Ostalpenweg ausgehend von den Refugialbereichen in Italien sowie Balkanroute) widerspiegelten (KONNERT & BERGMANN 1995). Mit diesen Genmarkern wurden in gleicher Weise die beiden älteren rheinland-pfälzischen Versuchsflächen genetisch charakterisiert wie auch die auf dem Kamp Antonihof angezogenen Sämlinge der auf der Versuchsfläche Kusel eingebrachten Einsammlungen. Als wesentliche Ergebnisse gilt festzuhalten, dass die aus den verschiedenen geografischen Bereichen des Verbreitungsgebiets stammenden Weißtannenprovenienzen die jeweiligen typischen arealspezifischen Allelstrukturen für den West- oder Ostalpenweg bzw. die Balkan-Route oder den Balkan-Refugialbereich aufweisen. Außer der Herkunft Zwiesel (wohl künstliche Begründung mit Balkan-Pflanzenmaterial) lassen sich die anderen deutschen Herkünfte mit dem Westalpenweg in Verbindung bringen. Im Vergleich miteinander besitzen die mazedonischen Herkünfte und die süditalienische Herkunft aus Kalabrien das größte Ausmaß an allelischer Vielfalt. D.h. in diesen Bereichen besitzt der Weißtannen-Genpool heute die größte genetische Variabilität im gesamten Verbreitungsgebiet.

Kontakt

Dr. Stefan Seegmüller
stefan.seegmueller@wald-rlp.de
Tel.: +49-6131-884-268-127