Mischwälder – weniger gefährdet durch Insektengradationen? Eine Literaturrecherche und Untersuchung zur olfaktorischen Maskierung von Wirtsbäumen
Institut für Forstzoologie und Waldschutz, Universität Göttingen; Az.: Göttingen 11/05
Zielsetzung:
Trotz zahlreicher Untersuchungen, die ein geringeres Schadrisiko innerhalb von Mischwäldern festgestellt haben, darf nicht pauschal angenommen werden, dass Mischbestände Insektengradationen grundsätzlich verhindern können. Es kommt auf das jeweilige Schadinsekt und die jeweiligen Baumarten innerhalb eines Mischbestandes an. Anhand einer Literaturrecherche sollen die Hypothesen zu den ökologischen Hintergründen des geringeren Gradationsrisikos von Schadinsekten aufgezeigt und insbesondere die Frage der olfaktorischen Maskierung durch Nicht-Wirtsbäume am Beispiel des zweifleckigen Eichenprachtkäfers (Agrillus biguttatus, A.b) nachgegangen werden.
Methoden:
Um den Einfluss von Nicht-Wirtsbäumen auf A.b. untersuchen zu können, wurde das Duftspektrum eines Eichenreinbestandes und eines Eichenbestandes gemischt mit Kiefern gesammelt und die geruchliche Wahrnehmbarkeit durch den Käfer untersucht.
Ergebnisse:
1. Hypothesen zur geringeren Abundanz von Schadinsekten in Mischwäldern
- Ressourcenhypothese: das Vorhandensein von Wirtsbäumen auf engem Raum erhöht die Lebensraumkapazität. Die Strukturvielfalt in Reinbeständen ist gering und die physiologische Kondition der Wirtsbäume ähnlich.
- Feindhypothese: Mischbestände mit höherem Strukturreichtum und ökologischen Nischen können mehr räuberische und parasitierende Arten bzw. Individuen beherbergen. Nichtspezialisierte Räuber bzw. Parasitoide finden in Mischbeständen ein breiteres Beutespektrum als in artenärmeren Monokulturen, sodass die Beutepopulationen niedrig gehalten werden.
- Mikrohabitat- und klima: in Mischbeständen kommt es zu einem Mosaik an verschiedenen Standortsbestimmungen. So können die Wirtsbäume verschiedene chemische wie physikalische Eigenschaften aufweisen, was die Anpassung eines Schadinsekts an seine Wirtsbaumart erschwert.
- Barrierewirkung: Nicht-Wirtsbäume stellen ein physikalisches Ausbreitungshindernis für Schadinsekten dar.
- Olfaktorische Maskierung: die Wirtsfindung von phytophagen Insekten kann durch Duftstoffe von Nicht-Wirtspflanzen gestört werden
2. Untersuchung zu Agrillus biguttatus
Die Analyse der antennographischen Reaktion auf das Duftspektrum des Eichereinbestandes ergibt, dass folgende Substanzen vom Käfer wahrgenommen werden:
Hexanal, (Z)-3-Hexen-1-ol, Heptanal, Oktanal, Nonanal, Dekanal, p-Methyl-o-Isopropyl-Phenol.
Durch die Kiefer im Mischbestand werden die weiteren Substanzen Alpha Pinen und 3-Caren dem Duftmuster hinzufügt. Es erfolgen allerdings keine elektrophysiologische Reaktionen von A.g. auf die Stoffe Heptanal, Oktanal und Nonanal. Dies lässt den Rückschluss zu, dass der Käfer in seiner Wahrnehmung bzw. seiner Wirtsbaumfindung gestört werden könnte.