Sukzession und Regeneration von Bruchwäldern in der kollinen bis montanen Stufe in Mitteleuropa - eine Literaturübersicht unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse in einem zukünftigen Nationalpark in Rheinland-Pfalz

Universität Göttingen, Abt. Waldbau und Waldökologie der gemäßigten Zonen; Az.: Göttingen 02/13

Bruch- und Moorwälder sind durch hoch anstehenden Grund- bzw. Quellwasser geprägt und waren in Mitteleuropa einst weit verbreitet. Entwässerungsmaßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft führten jedoch dazu, dass sie heute nur noch sehr kleinflächig und degradiert erhalten sind. Aufgrund ihrer großen Bedeutung hinsichtlich seltener Arten, des Wasser- und Stoffhaushalts sowie des Klimaschutzes, steht die Wiederherstellung von offenen Moorflächen und Moorwäldern heute häufig im Fokus des aktiven Naturschutzes.

Die Bruch- und Moorwälder im westlichen Hunsrück entwickelten sich auf den Quarzitrücken des Hoch- und Idarwaldes und prägten einst großflächig die mittleren und unteren Hangpartien. Sie entstanden dort, wo Quellwässer aus Taunusquarzit und Devonschiefer auf undurchlässige Gesteinsflächen trafen, die von Decklehmen überlagert und durchsetzt sind. Je nach Höhe des anstehenden Grundwassers konnten sich unterschiedlich dicke Torfauflagen entwickeln. Überwiegend handelt es sich um An- und Niedermoorböden, stellenweise sind Übergangsmoore zu finden, reine regenwasserbeeinflusste Hochmoore fehlen jedoch im westlichen Hunsrück.
Neben den naturräumlichen Voraussetzungen hat aber auch der Mensch zur Entstehung der Hangmoore beigetragen. Durch Brandrodungen und Waldweide hat er nachhaltig den Nährstoff- und Wasserhaushalt verändert und in Verbindung mit der ablaufenden Klimaveränderung die Umwandlung von Linden-Eichen-Ulmenwäldern hin zu Buchenwäldern beschleunigt.
Aufgrund der ständigen Wasserbewegung an den Hängen sind in der Regel auch genug Nährstoffe vorhanden, um die Erle versorgen zu können, so dass diese auch gemeinsam mit der vorherrschenden Moorbirke auftritt (nach KLAUCK 1985 wächst im Hochwald die Kleinart Karpatenbirke, Betula pubescens subsp. carpatica). Ausreichend basenreiche Bedingungen für reine Erlenbruchwälder sind im Hunsrück jedoch selten. Generell bewirkt die Hangsituation ein enges Nebeneinander von Mikrostandorten, die durch unterschiedliche Torfmächtigkeiten geprägt sind. So treten überwiegend waldfreie Übergangsmoorbereiche, in denen sich Hochmoorarten wie Drosera rotundifolia, Vaccinium oxycoccus und Sphagnum magellanicum ansiedeln, in enger Nachbarschaft mit lichten Moorbirkenbeständen auf.

Zielsetzung und Methode:

In der vorliegenden Literaturübersicht werden die Maßnahmen und Erkenntnisse bestehender Renaturierungsprojekte im Mittelgebirgsraum zusammengefasst und ihre Anwendbarkeit im Gebiet des zukünftigen Nationalparks Hunsrück diskutiert. Dort herrschen oligotrophe soligene Hangmoore mit einem Mosaik aus offenen hochmoorähnlichen Bereichen und lichten Moorbirkenwäldern vor.

Ergebnisse:

Im Mittelpunkt einer Renaturierung steht die Wiederherstellung eines natürlichen Moorwasserhaushalts mit ganzjährig hohen Wasserständen im Torfkörper. Um dies zu erreichen, werden Wiedervernässungsmaßnahmen durchgeführt, bei denen noch funktionsfähige Gräben verschlossen und standortfremde Baumarten entfernt werden. Von Bedeutung ist dabei stets eine ausreichende Kenntnis der hydrologischen, aber auch vegetationskundlichen Ausgangssituation, um geeignete und auch langfristig erfolgversprechende Maßnahmen anzuwenden.
Mit einer Anhebung des Grundwasserstandes und der Einwanderung moortypischer Arten konnten bereits erste Erfolge bei verschiedenen Regenerationsprojekten in der Rhön, im Solling und im Nationalpark Bayerischer Wald verzeichnet werden. Bei optimaler Vernässung kann eine Selbstregulation einsetzten, die bei vorhandenen heterogenen Standortverhältnissen, wie dies auch im Hunsrück der Fall ist, über Jahre oder Jahrzehnte zu einem natürlichen Gleichgewicht aus offenen Flächen mit hochmoortypischen Arten (z.B. Vaccinium oxycoccus, Drosera rotundifolia, Eriophorum vaginatum) und lichten Waldbeständen führen kann. In diesem Zusammenhang erlaubt der Nationalparkgedanke, der den Prozessschutz in den Vordergrund stellt, den Flächen im Hunsrück eine solche autogene Selbstregulation.
Verschiedene Faktoren können diesem Ziel im Hunsrück jedoch entgegenwirken. Insbesondere der hohe Rotwildbestand kann eine Verjüngung der schmackhaften Moorbirke komplett verhindern und stattdessen die Ausbreitung des Pfeifengrases oder der Fichte fördern. Atmosphärische Stickstoffeinträge und Temperaturerhöhungen im Zuge des Klimawandels können außerdem die Ausbreitung von Torfmoosen und anderer hochmoortypischer, borealer Arten beeinträchtigen. In allen Bereichen des Nationalparks ist daher ein langfristiges Monitoring erforderlich, um den Erfolg von Renaturierungsmaßnahmen beurteilen zu können, das Verjüngungspotential von Moorbirke und Fichte einzuschätzen und den Einfluss von Stickstoffeinträgen und Klimaveränderungen auf die typische Moorwaldvegetation abschätzen zu können.