Naturverjüngung der Stieleiche in den Rheinauewäldern

Institut für Waldbau, Universität Göttingen; Az.: Göttingen 09/03

Zielsetzung:

Die Hartholzauen sind durch Rheinkorrektion, Kiesabbau, Industrieansiedlung u.a. weitgehend verschwunden und durch veränderte Waldbewirtschaftung umgestaltet worden. Für die Wiederherstellung der ursprünglichen Hartholzauenwälder stellt sich die Frage, auf welcher Grundlage und mit welchen Mitteln dies geschehen kann. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, die Möglichkeiten eines angemessenen Anteils der Stieleiche unter den gegenwärtigen Bedingungen aufzuzeigen.

Material und Methoden:

Die vorliegende Untersuchung stützt sich auf die Einteilung der Auenwälder in Überflutungsaue und Altaue. Die 3 Hauptversuchflächen liegen in
-  dem niedrigen Teil der Überflutungsaue: POTASCHBUCKEL
-  dem höheren Teil der Überflutungsaue: OBERER SALMENGRUND
-  in der Altaue: LOHBUSCH
 
Auf den Versuchsflächen stromseits der Dämme erwiesen sich die unterschiedlich starken Hochwasserwellen als besonderes Problem. In dem relativ kurzen Beobachtungszeitraum von 5 Jahren (1998 bis 2003) kam es auch während der Vegetationszeit regelmäßig zu bedeutenden Überflutungen.

Ergebnisse:

Auf den von der Wasserführung des Flusses stark beeinflussten Untersuchungsflächen der Überflutungsaue fand sich zeitweise eine reichliche Naturverjüngung von Ulme, Esche und Bergahorn. Ganz vereinzelt waren neben vegetativer Verjüngung von Silberpappel, Silberweide und Robinie auch Stieleichen zu finden. Doch traten nach starken Hochwässern hohe Ausfälle der Sämlinge, z.T. auch noch im Jungwuchsstadium ein. Die Eichenverjüngung verschwand vollständig. Im Altbestand sind neben der Stieleiche vor allem Esche und in geringem Maße auch Bergahorn, Silberpappel und Silbeweide vertreten. Ältere Eschen und Bergahorne zeigen nach dem Hochwasser von 1999 ausnahmslos Rindenschäden im unteren Stammbereich, die bisher jedoch noch nicht zum Absterben der Bäume geführt haben.
 
Für die Stieleiche bedeuten die Befunde, dass gezielte Naturverjüngung und Saat für deren Erhaltung in der Überflutungsaue keine Möglichkeiten bieten. Ursachen hierfür waren hohe Samenverluste durch Tiere, Hochwasser in der Vegetationszeit und Konkurrenz durch die Begleitvegetation. Der Erfolg von Pflanzungen wird vor allem bestimmt durch die Hochwassersituation im Jahr nach der Pflanzung. Geringe Höhenunterschiede im Flachenrelief können die Ausfallrate beeinflussen. Für die künstliche Verjüngung der Stieleiche kommt nur eine sorgfältige sowie das Pflanzmaterial schonende truppweise Heisterpflanzung in Betracht. Jedoch muss nach lang anhaltendem Hochwasser in der Vegetationszeit auch hierbei mit beträchtlichen Ausfällen gerechnet werden. Einzäunung ist unbedingt erforderlich. Sie muss überwacht und erneuert werden, wenn sie durch Hochwasser oder durch Schwarzwild undicht geworden ist.
 
Die Überflutungsaue in ihrem jetzigen Zustand stellt ein labiles Ökosystem dar, wie man es so ausgeprägt selten findet. Nachdem die Feldulme sicherlich für lange Zeit ausgefallen ist und unklar bleibt, inwieweit die Flatterulme diese ersetzen kann, bleiben als hochwassertolerante Baumarten nur die sich vegetativ vermehrenden Pappeln und Weiden und die ganz selten auf generativem Wege sich verjüngende Stieleiche. Daneben gibt es eine weitgehend hochwassertolerante Strauchschicht (besonders Weißdorn, Hartriegel, Hasel), die in der Überflutungsaue wüchsiger ist als auf anderen Standorten. Die sich reichlich aus Samen verjüngende Esche fällt bei extremem Hochwasser immer wieder im großen Umfang aus oder zeigt Rindenschäden im unteren Stammbereich. Der noch weniger hochwassertolerante Bergahorn dürfte sich in der Überflutungsaue allenfalls auf höher gelegenen Kleinflächen einige Zeit halten, wenn auch nicht ohne beträchtliche Ausfälle und Schäden.
 
In der Altaue liegen die Verhältnisse anders: Die Erhaltung der Stieleiche durch Naturverjüngung, Saat und Pflanzung ist hier ökologisch weit weniger problematisch. Die gegenwärtigen Wasser- und Nährstoffverhältnisse sind hierfür sehr gut geeignet. Die Stieleiche wird allerdings nur als Mischbaumart eine sicherlich nicht bedeutende Rolle spielen können. Als licht- bedürftige Art kann sie nur unter lichtem Schirm oder in größeren Femellücken verjüngt werden. Durch die Konkurrenz wuchskräftiger Begleitvegetation bedarf die Eiche ständiger Jungwuchspflege und zusätzlichen Schutz gegen Verbiss. Den Grundbestand werden aber die im Wachstum überlegenen Edellaubbäume sowie die Hainbuch und die Rotbuche bilden.