Naturnähe, Diversität und Standortsmerkmale repräsentativer Naturwaldreservate in Rheinland-Pfalz – Ein Quervergleich und eine Bilanz der vegetationsökologischen Untersuchungen aus dem Zeitraum 20000-2015
Universität Göttingen, Abt. Waldbau und Waldökologie der gemäßigten Zonen; Az.: Göttingen 02/15
Zielsetzung und Methode:
Die floristischen und vegetationskundlichen Daten von 19 Naturwaldreservaten in Rheinland-Pfalz aus dem Zeitraum 2000-2015 werden vergleichend im Hinblick auf ihre standörtlichen Merkmale, ihren Artenreichtum an Gefäßpflanzen und ihren Naturnähegrad ausgewertet. Durch den Vergleich von gezäunten und ungezäunten Flächen wird in zehn Naturwaldreservaten der Einfluss des Schalenwildes, in acht Naturwaldreservaten durch den Vergleich mit Flächen im Wirtschaftswald der Einfluss der forstlichen Nutzung auf die Vegetation abgeschätzt.
Die untersuchten Naturwaldreservate lassen sich auf Grund ihrer Standortsmerkmale vier höheren natürlichen Vegetationseinheiten zuordnen:
1. Zonale Vegetation
- mesotrophe Buchenwälder (2 Naturwaldreservate)
- oligotrophe Buchenwälder (12 Naturwaldreservate)
2. Azonale Vegetation
- eutrophe Auenwälder (3 Naturwaldreservate)
- oligotrophe Bruchwälder (2 Naturwaldreservate)
Ergebnisse:
Aufgrund der früheren Bewirtschaftung unterscheiden sich die einzelnen Naturwaldreservate in ihrer Baumartenzusammensetzung und Struktur beträchtlich. So umfasst die Gruppe der oligotrophen Buchenwälder nicht nur buchendominierte Bestände, sondern auch Wälder mit hohen Eichen- oder Douglasien-Anteilen.
Die Gefäßpflanzenflora der Naturwaldreservate insgesamt wird neben den klimatischen Bedingungen der unterschiedlichen Wuchsgebiete vor allem von ihrem Trophiegrad und ihrer Flächengröße bestimmt. Der Anteil an gefährdeten Arten, Neophyten und Therophyten ist gering. Der Anteil typischer Waldarten wird stark von der Waldstruktur bestimmt.
Auch in der Vegetation der Kernflächen spiegeln sich die standörtlichen Unterschiede der verschiedenen Vegetationseinheiten deutlich wider. Standorte der mesotrophen Buchenwälder sind nicht nur besser basen- und nährstoffversorgt als die oligotrophen Buchenwälder, sondern auch reicher an Gefäßpflanzenarten. Eine ähnliche Differenzierung ergibt sich bei den azonalen Auen- und Bruchwäldern, wobei sich letztere aufgrund der lückigen Baumschicht durch einen hohen Anteil an Lichtzeigern auszeichnen, während in den Auenwäldern schattentolerante Arten in der Krautschicht dominieren.
Der Schalenwildeinfluss äußert sich vor allem in einem starken Verlust an Arten in der Strauchschicht, dagegen ist der Einfluss des Wildes auf den Artenreichtum der Krautschicht relativ gering und nicht immer einheitlich.
Forstliche Eingriffe führen nicht in jedem Untersuchungsgebiet mit entsprechenden Vergleichspaaren zu einer Erhöhung der Artenzahl oder zu einer Förderung von Neophyten, Therophyten oder Offenlandarten gegenüber dem unbewirtschafteten Naturwaldreservat. Vielmehr können auch altersbedingte Entwicklungen oder natürliche Störungen im Naturwald zu Veränderungen führen, die forstlichen Eingriffen im Wirtschaftswald entsprechen und damit die entsprechenden Artengruppen fördern. Dementsprechend ist auch die Ansprache der Naturnähe mit diesen Indikatoren mit einer ebenso großen Unsicherheit behaftet wie die Ansprache über den Anteil der Baumarten an der natürlichen Waldgesellschaft.