Vegetationsentwicklung mit und ohne Schalenwildeinfluss im Naturwaldreservat Gebück (Hunsrück)

Universität Göttingen, Abt. Waldbau und Waldökologie der gemäßigten Zonen; Az.: Göttingen 03/09

Zielsetzung:

Nach dem Trockenjahr 2003 wurden zum Schutz benachbarter Wirtschaftswälder 2005 im Naturwaldreservat Gebück große Fichtenteile vor allem vorbeugend gefällt unter großteils Räumung von Holz und Mulchen von Schlagabraum. Ziel der Untersuchung war, die sich einstellende Vegetationsentwicklung nach unterschiedlich stark veränderter Bestandesstruktur inner- und außerhalb eingerichteter Weisergatter unter Einfluss unterschiedlicher Beschirmung und Totholzbelassung zu untersuchen. Als Referenz für den ungestörten Waldzustand wurden entsprechend Daten im gezäunten und ungezäunten Teil der Kernfläche erhoben.

Methoden:

Die 2006 eingerichteten Weisergatterpaare (jeweils 12 x 12 Meter groß) wurden erstmals 2008 und wiederholt 2009 als vegetationsökologisches Monitoring nach dem kombinierten Probeflächen-Ansatz aufgenommen.
Die Vegetation wurde schichtweise nach Artenzahl und Deckung erfasst. Die Baum-, Strauch- und Krautschicht grenzen sich gegeneinander bei 5 m und 0,5 m ab. Neben der Vegetation wurde gesondert die Gehölzverjüngung erfasst. 
Für die Vegetationsaufnahmen wurde der Shannon-Index und Evenness berechnet. Die Waldgefäßpflanzen wurden bezüglich ihrer Anteile in der Schicht (Strauch- und Krautschicht) bestimmt und Arten an Wald, Waldränder oder Offenland gebundenen zugeordnet.

Ergebnisse:

Drei Jahre nach Einrichtung der Weisergatter zeigen sich im Zeitvergleich (von 2008 auf 2009) sowie im Variantenvergleich (zwischen den gezäunten und ungezäunten Flächen) v.a. auf Wildeinfluss zurückführende Unterschiede.

Weiserflächen:

  • Unabhängig von der Zäunung steigen von 2008 auf 2009 die Artenzahlen der Kraut- und Strauchschicht signifikant an, wie auch die Deckungsgrade der Strauchschicht. 
  • In der zunehmend stärker ausgeprägten Strauchschicht zeigen sich 2009 signifikant höhere Artenzahlen und Deckungsgrade im Zaun.
  • In der Krautschicht ist das Weidenröschen als beliebte Äsungspflanze jedes Mal im Zaun mit höheren Deckungsgraden vertreten als außerhalb.
  • Die Krautschicht ist überall von Schlagflurarten dominiert wie z.B. von Straußgras, Fingerhut und der Himbeere. Es dominieren Arten, die gleichermaßen im Wald wie im Offenland vorkommen. 2009 verschieben sich die Anteile außerhalb des Zaunes zugunsten der Arten, die vorwiegend nur im Offenland wachsen. 
  • In der Verjüngung dominieren Buche und Fichte, daneben kommen Traubeneiche, Vogelkirsche, Bergahorn, Feldahorn, Vogelbeere, Mehlbeere, Salweide, Zitterpappel, Sandbirke, Lärche, Douglasie u. a. Nadelhölzer vor. Nur im Zaun sind die Pflanzenzahlen aller Baumarten von 2008 auf  2009 deutlich angestiegen und unterscheiden sich damit signifikant von denen außerhalb des Zaunes. 

Kernfläche:

In der Kernfläche sind Artenzahlen und Deckungsgrade nur in dem gezäunten Teil von 2008 auf 2009 angestiegen. Höchste Stetigkeit weist Buche auf. Häufigste Gräser sind Hainsimse und Drahtschmiele, von den Kräutern Sauerklee (außerhalb des Zaunes) und Waldgreiskraut (im Zaun). Es dominierten Arten, die vorwiegend bzw. auch im Wald vorkommen. 

Fazit:

Der Wegfall eines großen Teils der Baumschicht führt durch erhöhten Lichtgenuss und verstärkte Nährstofffreisetzung zu einer hohen Dynamik der Vegetationsentwicklung, bei der typische Waldarten eine untergeordnete Rolle spielen, im Gegensatz zu den Entwicklungen in der nahe gelegenen Kernfläche. Während die Zäunung unter Freiflächencharakter eine dichtere und artenreichere Strauchschicht zur Folge hat, finden sich in der Krautschicht unter Wildverbiss etwas höhere Artenzahlen. Dort befindet sich auch mehr Gehölzverjüngung, die zwar durch Schalenwild in der Höhenentwicklung gebremst wird, die aber vermutlich wegen erhöhtem Lichteinfall am Boden zugleich artenreicher ist. Dieses Ergebnis kann für die Kernfläche nicht belegt werden, da ganz offensichtlich Licht den wesentlichen Mangelfaktor darstellt.