Waldwachstumskundliche Charakterisierung frühzeitig freigestellter Buchen. Untersuchung in Mittelwäldern Lothringens und Konsequenzen für die Fortentwicklung waldbaulicher Behandlungskonzepte für die Buche

Institut für Waldwachstum, Universität Freiburg; Az.: Freiburg 03/03

Zielsetzung:

Zur Rekonstruktion der Kronenentwicklung werden bislang wiederholt aufgenommene Kronenfotos oder periodisch wiederholte Kronenprojektionen verwendet. Vorliegend wird der Versuch unternommen, die Kronenentwicklung einzelner Bäume auf der Grundlage von Jahrringen an ausgewählten Astquerschnittsflächen zu rekonstruieren. 

Material und Methoden:

Zur Erprobung der Methode wurden fünf weitgehend freierwachsene Mittelwaldbuchen ausgewählt (Kronenansatz zwischen 5 und 11m, BHD zwischen 84 und 95 cm, Stockalter zwischen 139 und 182 Jahre). Die Astspitzen der für die Analyse ausgewählter Äste wurden abgelotet und deren Projektion am Boden mit einem Fluchtstab markiert. Baumkletterer bewegten sich auf den ausgewählten Ästen nach außen und brachten mit einer Handsäge Markierungen an den Ästen an und fällten an dieser Stelle ein Lot auf dem Boden.
Nach Ablotung von jeweils 3 Abschnitten in Richtung Stamm wurde das gesamte Aststück abgesägt. Das abgesägte Aststück wurde zwischen den Markierungen am Boden wieder aufgerichtet, um die natürliche Position in der Krone nachzubilden. Anschließend wurden Astscheiben an den markierten Stellen entnommen. Je Baum wurden 4 Äste vermessen, die möglichst senkrecht zueinander ausgerichtet waren, aus dem unteren Kronenbereich entstammten und am Kronenrand beteiligt waren. Die Astscheiben wurden im Labor vermessen.
Zur Berechnung des durchschnittlichen jährlichen horizontalen Kronenzuwachses in radialer Richtung wird der horizontale Abstand zwischen den Astscheiben durch die Differenz zwischen dem Alter der benachbarten Astscheiben dividiert. Bei der Berechnung wird unterstellt, dass der jährliche Zuwachs innerhalb des Abschnitts konstant ist und die Astscheiben immer in der Mitte eines Jahrestriebes entnommen werden.
Die Zuwächse der 4 Äste eines Baumes werden für jedes Jahr gemittelt. Das Absenken der Äste mit zunehmenden Alter kann mit dieser Analyse nicht nachvollzogen werden.Aus den Kronenradien (Horizontalprojektionen der Äste) werden fiktive Kronenschirmflächen berechnet, die Bezug auf die tatsächliche Kronenschirmfläche nehmen. 

Ergebnis:

Die horizontalen jährlichen Astzuwächse konnten über 70 bis 90 Jahre zurückverfolgt werden. Erwartungsgemäß ist der tatsächliche Astlängenzuwachs insgesamt größer als der horizontale Zuwachs in radialer Richtung. Der Kronenradius wächst im Mittel zwischen 7 und 11 cm/Jahr, in einzelnen Jahren bis zu 26 cm. Ein einheitlicher, altersbedingter Rückgang der Kronenerweiterung ist nicht erkennbar.Zwischen jährlichem Radialzuwachs des Stammes in Brusthöhe und dem periodisch jährlichen Zuwachs des Kronenradius bestehen ähnliche Trends. Bei allen 5 Untersuchungsbäumen besteht ein straffer linearer Zusammenhang zwischen Schaftdurchmesser in Brusthöhe und der Kronenbreite: für 1 cm Schaftdurchmesserzuwachs verbreitern sich die Kronen um rd. 25 cm.