Auswirkungen des „Jahrhundertsommers“ 2003 auf das Auftreten von Schaftrissen im Stammholz der Baumart Fichte (Picea abies (L.) Karst)

Institut für Forstbenutzung und Forstliche Arbeitswissenschaft, Universität Freiburg Az.: Freiburg 01/ 04
 

Zielsetzung:

Als Reaktion der Fichte auf extremen Wassermangel infolge lange anhaltender Trockenheit kann es zu Rissen im unteren Stammbereich entlang der Längsachse kommen. Eine erhebliche Entwertung des Stammholzes ist die Folge, zumal holzverfärbende und holzzerstörende Pilze eindringen können. Die schadfördernden Faktoren und das Schadausmaß sollen untersucht werden, insbesondere bezüglich

  • Baummerkmalen wie B H D, Astdurchmesser, h/d-Verhältnis
  • Vorstadien von offen zutage tretenden Rissen
  • Unterschiedlicher Bestandesbehandlung auf vergleichbarem Standort

Material und Methoden:

In jeweils zwei unterschiedlich stark durchforsteten Beständen in Baden-Württemberg (Balingen) und Rheinland-Pfalz (Lahnstein) wurden 64 Bäume (d.h. 16 Bäume pro Bestand) und 381 Stammscheiben untersucht. Jeweils die Hälfte dieser Bäume wies Schaftrisse auf, die andere Hälfte war äußerlich schadsymptomfrei. Das durchschnittliche Alter der Bäume liegt zwischen 27 und 39 Jahren mit mittleren Höhen zwischen 19 und 21,5 Meter sowie mittleren Brusthöhendurchmesser zwischen 23 und 27 Zentimeter. Die Balinger Bestände stocken auf Parabraunerde, die Lahnstein-Bestände auf Braunerde. Es wurden gemessen:

  1. am stehenden Stamm: Exposition und Hangneigung, Brusthöhendurchmesser, Dürrast- und Grünastbereich, Kronenansatz, sonstige Schäden im Stamm- und Kronenbereich, Konkurrenzsituation, Kronenform
  2. am liegenden Stamm: Durchmesser des stärksten Astes je Quirl, Abholzigkeit, Krümmung, Rissmerkmale, Drehwuchs
  3. an Stammscheiben aus 0.3, 1, 3, 4, 8. und 12 Meter (vereinzelt auch 16m und 20 m): Jahrringe zur Alterbestimmung; durchschnittliche Jahrringbreite; Qualität; repräsentativer Radius nach EN1310:1977; Anteile von Fäule und so weiter; Kernrisse, Xylemspalten, Harzgallen, verdeckte Risse (= überwallte Risse); Entstehungsjahr der Risse, Harzgallen und Xylemspalten;

Ergebnisse:

  1. An den 32 stehenden Bäumen mit Rissen wurden 66 Risse im Stammmantel gefunden. Davon sind 60 Prozent alte Risse über 50 Zentimeter Länge, 25 Prozent frische Risse mit weniger als 50 Zentimeter Länge; allerdings sind die Unterschiede in den einzelnen Beständen beträchtlich. Die Risse sind relativ gleichmäßig über alle Himmelsrichtungen verteilt. Die Höhe am Stamm, in denen die Risse anfangen, liegt zwischen 0 und 14 Metern, im Mittel bei rund 3 Meter. Die Risse verlaufen senkrecht oder von rechts unten nach links oben. Die h/ d-Werte von gerissenen und ungerissenen Bäumen unterscheiden sich nicht signifikant. In allen vier Beständen sind die Bäume erhöhtem Konkurrenzdruck ausgesetzt, der A-Wert zeigt keine signifikanten Unterschiede zwischen gerissenen und ungerissenen Bäumen. Auch die Kronenansatzhöhen sind einheitlich. Gerissene und ungerissene Bäume unterscheiden sich auch nicht bezüglich der Aststärke und der Faserneigung.
  2. Die Auswertung der Stammscheiben zeigte die Entstehungsjahre der aufgenommenen Risse. In den Balinger Beständen entfielen von 9 erfassten Rissen 6 auf das Jahr 1997, die anderen auf die Jahre 1994, 1998 und 2003. In Lahnstein wurden 17 der 35 Risse 2003 gebildet, gefolgt von je 5 in den Jahren 1986 und 1997. 66 Prozent der Risse entstanden in Jahren, in denen der Niederschlag in den Monaten Juni bis September verhältnismäßig gering war.
  3. Die Zahl der Xylemspalten je Scheibe und Jahr sind bei den gerissenen Bäumen rd. doppelt bis dreifach so häufig wie in den nicht gerissenen Bäumen. Verfolgt man die Zahl der Xylemspalten über die Jahre ihrer Entstehung unter Berücksichtigung ihrer Höhe am Baum, so sind die Jahre 1987, 1995 und 2002 durch eine gleichgewichtige Zunahme der Xylemspalten auffällig. Daran schließt sich immer ein Jahr mit einem trockenen Sommer an. Die Xylemspaltenanzahl nimmt mit der Entnahmehöhe der Stammscheiben ab. Dies deutet darauf hin, dass die Entstehung der Xylemspalten anscheinend nicht durch mechanische Kräfte, zum Beispiel Windbewegung, hervorgerufen wird. Die geasteten Bäume – im allgemeinen vorwüchsige Bäume – weisen eine Tendenz zu mehr Xylemspalten auf als ungeastete.
  4. Die gerissenen Bäume der Balinger Bestände haben weniger Harzgallen je Scheibe und Jahr als die nicht gerissenen, bei den Lahnsteiner Beständen ist es umgekehrt. Hier hatte der stark durchforstete Bestand mehr Harzgallen. Zwischen den Beständen gibt es entsprechend deutliche Unterschiede. Unterschiede zwischen gerissenen und ungerissenen Bäumen bezüglich der Entnahmehöhe gibt es bei den Harzgallen nicht. Die Harzgallenzahl je Jahr ist an allen vier Beständen in den letzten 5 Jahren deutlich höher als in den Vorjahren. Im Gegensatz zur Xylemspaltenzahl steigt die Harzgallenanzahl mit zunehmender Stammhöhe.
  5. Die einzelnen Bestände unterscheiden sich bezüglich der Exzentrizität nicht. Das gleiche gilt für gerissene und ungerissene Bäume. Bei der Ovalität gibt es Unterschiede zwischen den Beständen - die stärker durchforsteten Bestände haben stärkere Ovalität - nicht jedoch zwischen gerissenen und ungerissenen Bäumen.
  6. Die Unterschiede der mittleren Jahrringbreite in den Beständen sind so gering, dass keine signifikanten Unterschiede, auch bei gerissenen und ungerissenen Bäumen, nachzuweisen sind.
  7. Die nicht gerissenen Bäume haben in 3 Beständen größere Reaktionsholzanteile als die gerissenen Bäume, in einem Bestand in Lahnstein ist es umgekehrt.