Genetische Analysen in zwei Vorkommen der schwarzen Johannisbeere (Ribes nigrum L.) in Rheinland-Pfalz

Universität Göttingen, Abt. Forstgenetik und Forstpflanzenzüchtung; Az.: Göttingen 01/08

Zielsetzung:

Gegenstand der Untersuchung waren zwei naturnahe Vorkommen der schwarzen Johannisbeere (Ribes nigrum L.) in Rheinland-Pfalz. Dabei handelt es sich um ein Vorkommen im Raum Neustadt (Bruchwald am Roten Kreuz) und ein Vorkommen am Rand des Schalkenmehrener Maars. 
Als potentielle Genressourcen bilden die beiden Vorkommen die wesentliche Basis für Erhaltungsmaßnahmen dieser Art in Rheinland-Pfalz. Da für die effiziente Planung und Durchführung von Generhaltungsmaßnahmen genetische Inventuren eine grundlegende Voraussetzung sind, wurden die beiden Vorkommen einer genetischen Inventur unterzogen.
Im Rahmen der Untersuchung wurden folgende Fragen untersucht:

  1. Wie hoch ist die genetische Variation innerhalb der Vorkommen
  2. Wie ausgeprägt sind genetische Unterschiede zwischen den beiden Vorkommen.
  3. Schätzung von Anteil und Ausdehnung vegetativer Vermehrung in den beiden Vorkommen.

Methoden:

In den beiden Vorkommen wurden Knospen- bzw. Blattproben von jeweils 50 Sträuchern gesammelt.
In  der Untersuchung wurden AFLP-Genmarker verwendet.  Die AFLP-Methode („Amplified Fragment Length Polymorphism“) ist eine DNS-Fingerabdruck-Technik, die auf der selektiven Amplifikation von Restriktionsfragmenten beruht (Vos et al. 1995). In einer AFLP-Reaktion werden bis zu 300 Fragmente erzeugt. Es besteht somit die Möglichkeit mit relativ geringem experimentellem Aufwand eine sehr große Anzahl von Fragmenten (Genorten) bei relativ vielen Proben zu untersuchen. Ebenso wie RAPDs (randomly amplified plymorphic DANN) sind AFLPs anonyme Marker, die grundsätzlich zur Untersuchung aller Gruppen von Organismen eingesetzt werden können. Aufgrund der besseren Reproduzierbarkeit und der höheren Variabilität werden für viele Fragestellungen AFLP-Marker an Stelle von RAPDs verwendet. 
Die AFLPs wurden als dominante Marker ausgewertet, indem für jede Fragmentlänge (jeden Genort) die An- bzw. Abwesenheit dieses Fragments in den einzelnen Proben erfasst wird. 
In der vorliegenden Untersuchung wurden alle Fragmentlängen in einem Bereich zwischen 85 bp und 200 bp analysiert. In die weiteren Analysen gingen nur solche Fragmentlängen bzw. Genorte ein, die Variationen innerhalb oder zwischen den Vorkommen aufwiesen.

Ergebnisse:

Die AFLP-Analysen ergaben klare und gut auswertbare Signale. Insgesamt wurden 55 polymorphe Genorte  ausgewertet.
Das Vorkommen Neustadt zeigt nur eine geringe Variation im Vergleich zum Vorkommen Schalkenmehren. Fast alle untersuchten Individuen zeigen den gleichen Multilocus-Genotyp. Die genetische Variation in diesen Vorkommen ist im Wesentlichen auf drei Genotypen verteilt.  Eine Korrelation zur horstweisen Unterteilung des Vorkommens kann nicht hergestellt werden. Mögliche Ursachen für diesen Befund sind vielfältig. Wahrscheinlichster Erklärungsansatz ist, dass die heutigen Horste Reste eines ursprünglichen Vorkommens darstellen, das im Wesentlichen aus vegetativer Vermehrung hervorgegangen ist. Da die Johannisbeere aber auch selbstfertil ist, kann es sich auch um Nachkommen aus fortgesetzter Selbstbefruchtung handeln, die aus diesem Grund weitgehend genetisch homogen sind. Die geringe Variation im Vorkommen Neustadt kann auch Resultat spezifischer Etablierungs- bzw. Anpassungsvorgänge in der Initilaphase dieser Population sein.
Im Gegensatz dazu weist das Vorkommen Schalkenmehren deutlich höhere Variationen auf. Hier sind 7 Multilocus-Genotypen vorhanden. Dabei weisen immer räumlich benachbarte Individuen (aufeinanderfolgende Nummerierung) den gleichen Multilocus-Genotyp auf. Die Größe der Gruppen schwankt zwischen 3 und 12 Individuen. Eine Beteiligung vegetativer Vermehrung an der Reproduktion in diesem Vorkommen ist damit wahrscheinlich. 
Die Verteilung der genetischen Information über die 55 Genorte zeigt starke Unterschiede zum Vorkommen Neustadt. Über die einzelnen Genorte hinweg sind in Schalkenmehren fast alle möglichen Häufigkeitsverteilungen zu beobachten. Die Verteilung entspricht der Erwartung an eine natürliche Population, in der zu einem erheblichen Anteil auch generative Vermehrung realisiert ist.