Flora und Vegetation der Naturwaldreservate (NWR) Katzenbacherhang und Eischeid im Vergleich mit bewirtschafteten Vergleichsbeständen (VB)

Universität Göttingen, Abt. Abt. Waldbau und Waldökologie der gemäßigten Zonen; Az.: Göttingen 03/11

Zielsetzung:

Ziel der Erfassung ist der Vergleich der Flora und Vegetation von zwei Schwerpunkt-Naturwaldreservaten Katzenbacherhang (FA Donnersberg) und Eischeid (FA Daun) mit den korrespondierenden, bewirtschafteten Vergleichsbeständen in den beiden Wuchsgebieten Nordwesteifel und Saar-Nahe-Bergland. Im Einzelnen sollen folgende Fragen beantwortet werden:

  1. Wie unterscheiden sich die Naturwaldreservate und Wirtschaftswälder hinsichtlich Artenreichtum, Struktur und Artenzusammensetzung der Bodenvegetation?
  2. Profitieren bestimmte Arten und Artengruppen von der Bewirtschaftung bzw. der Nichtbewirtschaftung?
  3. Zeigen sich standörtliche Unterschiede zwischen den Nutzungsvarianten basierend auf einem Vergleich der Zeigerwerte nach Ellenberg?
  4. Welchen Einfluss übt das Wild auf die Bodenvegetation der Naturwaldreservate aus?

Methoden:

Vegetationsaufnahmen
In den teils gezäunten Kernflächen der NWR und VB wurden Ende April 2011(Aufnahme des Frühjahrsaspekts) und Mitte Juli 2011 (Aufnahme des Sommeraspekts) Vegetationsaufnahmen durchgeführt. Getrennt nach Baum-, Strauch-, Kraut- und Moosschicht wurden die Deckungsgrade der Vegetationsschichten und einzelner Arten innerhalb dieser Schichten erfasst. Die Schätzung der Deckungsgrade erfolgte direkt in Prozent (< 1, 1, 2, 3, 4, 5, 10, 15, 20…95, 100 %). Für Arten mit Deckungsgraden < 1 % wurden in Anlehnung an die Skala von Braun-Blanquet + (unter 1 %, aber mit mehreren Individuen) und r (ein, eher schwach ausgeprägtes, Individuum in der Fläche) vergeben. Für anschließende Auswertungen wurden diese Kategorien in die Werte 0,5 und 0,1 transformiert (DIERSCHKE 1994).
Zusätzlich zu den Vegetationsaufnahmen in den Kernflächen wurden alle im NWR gefundenen Gefäßpflanzen und die häufigsten Moose aufgelistet. Das NWR Katzenbacherhang und der VB Hornwald wurden dafür noch mal in vier (Katzenbacherhang) bzw. zwei (Hornwald) kleinere Teilgebiete unterteilt.

Datenauswertungen
Für die Datenauswertungen wurden Wuchsgebiete, Bewirtschaftungsaspekt und Zäunung als eigene Grundgesamtheiten betrachtet. Für jede Grundgesamtheit wurden die mittleren Artenzahlen und Deckungsgrade der einzelnen Vegetationsschichten ermittelt sowie für die Krautschicht der Shannon-Wiener-Index, die Evenness (DIERSCHKE 1994, MAGURRAN 2004) und die mittleren Zeigerwerte nach Ellenberg (ELLENBERG et al. 2001) errechnet.

Ergebnisse:

NWR Eischeid im Vergleich mit VB Auf Prümscheid (Nordwesteifel)
Die Ergebnisse zeigen v.a., dass im VB bei einer signifikant geringeren Baumschichtdeckung die Gesamtartenzahl sowie die Deckung der Kraut- und der Strauchschicht deutlich höher sind als im NWR, unabhängig von Zäunung. Die VB wies gegenüber dem NWR signifikant höhere Anteile von Offenland-Arten und von Verlichtungszeigern auf.

NWR Katzenbacherhang im Vergleich mit dem VB Hornwald (Saar-Nahe-Bergland)
Auch hier zeigt der VB bei geringster Deckung der Baumschicht 1 die höchste Gesamtartenzahl und die höchste Deckung der Strauch- und Baumschicht 2. Allerdings unterscheidet sich die Gesamtartenzahl statistisch nicht von der der gezäunten NWR-Fläche. Nur die ungezäunte Kernfläche des Naturwaldreservates ist nicht nur durch die geringsten Artenzahlen sondern auch die geringste Kraut- und Strauchschichtdeckung gekennzeichnet. Offenland-Arten und Verlichtungszeiger wurden nur im VB gefunden.  Arten des geschlossenen Waldes waren nur in der ungezäunten Fläche des NWR Katzenbacherhang deutlich geringer.

Gesamtgebiete
Die floristische Kartierung in den gesamten Reservatsflächen ergab für das in der Nordwesteifel gelegene Untersuchungsgebiet mit 116 im VB höhere Artenzahlen gegenüber 92 im Naturwaldreservat. Für das im Saar-Nahe-Bergland gelegene Untersuchungsgebiet waren die Artenzahlen mit 111 im Naturwaldreservat nur leicht höher gegenüber 104 im VB Neophyten waren in allen Flächen nur gering vertreten (Anteil 1-2 %). Folgt man bei der Bewertung der Naturnähe der Einteilung nach JURKO (1990), so können alle vier untersuchten Wälder als naturnah angesprochen werden.

Fazit

Die Artendiversität ist in den bewirtschafteten Beständen höher als in den Naturwaldreservaten. Dies kann einerseits durch Baumentnahmen auf ein verbessertes Licht- und Wärmeangebot zurückzuführen sein. Ebenso auch durch Holzerntemaßnahmen, die zur Bodenverdichtung und einer Erhöhung der Bodenfeuchtigkeit wie auch zur Bodenverwundung und einer schnelleren Zersetzung organischen Materials führen.In der „Samenbank von Wäldern“ überdauern insbesondere Störungszeiger und Offenlandarten, die nach Bodenverwundung keimen und sich etablieren können ebenso wie auch Stickstoff- und Nitrifizierungszeiger.Neben Bewirtschaftungsmaßnahmen kann die Artenzusammensetzung eines Waldes auch massiv durch Schalenwild beeinflusst werden. Besonders vom Verbiss betroffen sind Abies alba, Quercus petraea, Sorbus- und Acer-Arten. Im ungezäunten Wirtschaftswald konnten sich dagegen Buche (VB Auf Prümscheid) und Hainbuche (VB Hornwald) besonders ausbreiten. Vor allem Efeu (Hedera helix) ist fast ausschließlich auf den gezäunten Bereich im NWR Katzenbacherhang beschränkt, da es als immergrüner Zwergstrauch vom Rehwild im Winter sehr gern geäst wird