Vegetationsentwicklung nach Windwurf in den Naturwaldreservaten Himbeerberg und Rotenberghang und der Vergleich zum Wirtschaftswald

Universität Göttingen, Abt. Waldbau & Waldökologie der gemäßigten Zonen; Az.: Göttingen 01/16

Zielsetzung und Methoden:

In den beiden Naturwaldreservaten wurden nach dem Windwurf 1990 100 m²-Dauerflächen eingerichtet und aufgenommen, später auch in den dazugehörenden bewirtschafteten Vergleichsflächen: Im NWR Rotenberghang (Pfälzerwald) wurden 25 Dauerflächen 1991 und 1992, im NWR Himbeerberg (Hunsrück) zunächst 16, dann 27 Flächen 1993 und 1995 aufgenommen. In beiden NWR erfolgte 2002 eine Wiederholung. In den bewirtschafteten Vergleichsflächen wurden je 18 Dauerflächen eingerichtet, im Pfälzerwald 1994 und 1995, im Hunsrück 1995 und 1996 aufgenommen.
2016 wurden alle Dauerflächen erneut aufgenommen. Getrennt nach Baum-, Strauch-, Kraut- und Moosschicht wurden die Deckungsgrade der unterschiedlichen Vegetationsschichten und einzelner Arten innerhalb dieser Schichten erfasst. Die Baumschicht umfasste alle Gehölze mit einer Wuchshöhe über 5 m (Baumschicht 1 > 20 m, Baumschicht 2 zwischen 5 und 20 m Höhe), die Strauchschicht alle Gehölze zwischen 0,5 und 5 m Höhe und die Krautschicht alle Gehölze < 0,5 m sowie alle nicht verholzenden Pflanzen. Zur Moosschicht wurden alle bodenbewohnenden Moose gezählt (DIERSCHKE 1994). Die Schätzung der Deckungsgrade der Schichten und einzelnen Arten erfolgte direkt in Prozent (<1, 1, 2, 3, 4, 5, 10, 15, 20, ..., 95, 100 %). Für Arten mit Deckungsgraden < 1 % wurden nach der Skala von Braun-Blanquet + (unter 1 %, aber mit mehreren Individuen) und r (ein, eher schwach entwickeltes Individuum) vergeben. Diese Kategorien wurden für die anschließende Auswertung in die Werte 0,5 und 0,1 transformiert. Zusätzlich zu den Vegetationsaufnahmen wurden Florenlisten für die gesamte Fläche der NWR und für die Fläche der bewirtschafteten Vergleichsbestände erstellt. Dies erfolgte auch in einigen der früheren Aufnahmejahre.

Ergebnisse:

Die Sukzession nach großflächigem Windwurf in den beiden NWR Himbeerberg und Rotenberghang verdeutlicht nach 26 Jahren die rasche Regeneration der Buche, ohne dass Pionierbaumarten oder langlebige Mischbaumarten stärker beteiligt sind. Die Ergebnisse zeigen, dass ein Wildausschluss zwar kurzzeitig die Baumartenvielfalt erhöhen kann, es sich jedoch dabei meist um kurzlebige Pionierbaumarten handelt, die nicht zum langfristigen Bestandesaufbau beitragen, da sie sehr rasch von der konkurrenzstarken Buche überholt werden. Markant ist in beiden Naturwaldreservaten der erhebliche Artenverlust, der sich in der Bodenvegetation im Laufe der Sukzession nach Windwurf vollzogen hat und die Artenzahlen im Vergleich zu benachbarten Wirtschaftswäldern deutlich herabsetzt.
Rubus-Arten sowie Gräser und Kräuter dominierten die Aufnahmeflächen nur im ersten Jahrzehnt nach der großflächigen Störung. Ein Vergleich der gezäunten mit den ungezäunten Bereichen 26 Jahre nach dem Windwurf zeigt außerdem, dass sich durch Wildausschluss auch unter geringer Lichtverfügbarkeit Gräser und Kräuter länger halten können als außerhalb der Zäune, wo sie in den nun arten- und deckungsarmen Beständen gezielt vom Wild abgeäst wurden. Der Artenverlust vollzog sich jedoch nicht nur in den flächig geworfenen Bereichen, sondern auch dort, wo der Buchenwald nicht direkt vom Sturm betroffen war. Hier befinden sich die Bestände überwiegend in der Optimalphase und sind durch Vorratsaufbau und ein dicht schließendes Kronendach gekennzeichnet, was auch hier zu einer stetigen Abnahme der Diversität in der Bodenvegetation geführt hat. Im Gegensatz zu vielen anderen NWR weisen die untersuchten Reservate mit artenarmer Regenerationsphase, in der sich große Teile beider NWR nun befinden, und der Optimalphase bereits ein Nebeneinander verschiedener Entwicklungsphasen auf, wie es aus Buchenurwäldern bekannt ist. Die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Störungen im Altbestand wird mit zunehmender Dauer der Nichtbewirtschaftung zunehmen. Im Vergleich mit den benachbarten Wirtschaftwäldern und den vorliegenden Sukzessionsdaten wird sich dann auch zeigen, ob mit zunehmender Zeit nach Nutzungsaufgabe der Artenpool, der nach Störungen aus der Samenbank aufläuft, abgenommen hat.