Vegetationsmonitoring im Biosphärenreservat Pfälzerwald-Erprobung eines Forschungskonzepts auf der Grundlage früherer Erhebungen von Referenzflächen

Universität Göttingen, Abt. Waldbau und Waldökologie der gemäßigten Zonen; Az.: Göttingen 02/17

Zielsetzung und Methode:

Zum Standardprogramm der Evaluierung von Waldentwicklung in Großschutzgebieten gehört die regelmäßige Erfassung der Vegetation auf Dauerbeobachtungsflächen. Mit der Ausweisung des Biosphärenreservats Pfälzerwald-Nordvogesen wurden daher in den Jahren 2004-2007 acht Referenzflächen (je 100 ha) in der Kern- und Pflegezone des Pfälzerwaldes ausgewiesen, auf denen in einem 100x100 m-Raster Vegetationsaufnahmen angefertigt wurden. Die insgesamt 789 Vegetationsaufnahmen gruppieren sich in den Referenzflächen nach den drei Hauptbaumarten Buche, Eiche und Kiefer (jeweils bewirtschaftet und unbewirtschaftet) sowie sogenannten Sukzessionsflächen, die vor Beginn der Untersuchungen großflächig durch einen Sommersturm im Jahr 2000 verändert wurden.

In Anlehnung an den für Naturwaldreservate empfohlenen zeitlichen Abstand von ca. 10 Jahren war eine Wiederholungsinventur dringend erforderlich. Dazu sollte 2017 ein Konzept entwickelt und erprobt werden, welches sich an die Erfahrungen zum Vegetationsmonitoring in deutschen Wald-Nationalparken (z.B. Bayerischer Wald, Harz oder Kellerwald) orientiert. Daher wurden nicht alle 789 Vegetationsaufnahmen aus den Jahren 2004-2007 wiederholt aufgenommen, sondern eine Auswahl von jeweils 20 Flächen entsprechend der Stratifizierung. Für die Baumart Kiefer lagen die Einmesswerte nicht vor.

Damit verfolgten die 2017 stattgefundenen Erhebungen zwei wesentliche Ziele:

  1. An Hand von statistischen Verfahren zu überprüfen, ob das vorgeschlagene Monitoringkonzept langfristig erfolgreich angewendet werden kann oder ob noch Optimierungsbedarf besteht.
  2. Dokumentation und Interpretation der stattgefundenen Vegetationsveränderungen in den Beständen seit der Erstaufnahme 2004-2007.

Ergebnisse:

Der Deckungsgrad der Baumschicht ist in allen unbewirtschafteten Referenzflächen über den Untersuchungszeitraum deutlich angestiegen. Bei gleichzeitiger Zunahme der Rot-Buche in Baum- und Strauchschicht nahmen dann in der Krautschicht der Deckungsgrad und ganz besonders auch die Artenzahl stark ab. Dies entspricht zahlreichen anderen Beobachtungen in ehemals bewirtschafteten Wäldern mit Buchenbeteiligung. Die Waldbodenvegetation reagiert somit im Vergleich zur meist deutlich stabileren Baumschicht relativ schnell auf sich veränderndes Bedingungen im Ökosystem.
Bestimmte anthropogene Einflüsse wirken lange nach und sind auch nach vielen Jahrzehnten noch über die Bodenvegetation ablesbar. Hierzu gehört insbesondere die Artenzusammensetzung der Baumschicht, die oft stark bewirtschaftungsbedingt beeinflusst ist und dabei auch wesentlichen Einfluss auf die Zusammensetzung der Bodenvegetation nimmt So finden sich im Biosphärenreservat Pfälzerwald in vielen Bereichen noch hohe Anteile an Trauben-Eiche und Wald-Kiefer. Beide Arten weisen eine deutlich lichtdurchlässigere Krone als die Rot-Buche auf, so dass lichtbedürftigere Arten hier im Unterwuchs eher bestehen können, als unter einem geschlossenen Buchen-Kronendach.
In allen Referenzflächen dominiert heute die Rot-Buche. Mit der Zunahme der Rot-Buche zeigt sich gleichzeitig ein Rückgang bzw. Ausbleiben von lichtbedürftigen Mischbaumarten, wie Trauben-Eiche oder Wald-Kiefer, in der Verjüngung.
Insgesamt weisen die Bereiche des Eichen- und Buchentyps sehr geringe Deckungsgrade und Artenzahlen in der Krautschicht auf, was typisch für geschlossene Wälder auf bodensauren Standorten ist. Bei fehlender Bewirtschaftung ist diese Diversität- und Deckungsarmut in der Optimalphase der Wälder noch verstärkt. Hiervon hebt sich der Sukzessionstyp deutlich ab. Er weist in beiden Referenzflächen sehr hohe Deckungsgrade und Artenzahlen von Kraut- und Strauchschicht auf, was auf die noch deutlich weniger geschlossene Baumschicht im Vergleich zu Eichen- und Buchentyp zurückzuführen ist.

Insgesamt lassen sich jedoch erste Trends aus der Betrachtung aller Bewirtschaftungsvarianten ablesen. Die Einstellung der forstlichen Bewirtschaftung äußert sich deutlich in einem zunehmenden Kronenschluss, mit zunehmender Dominanz der Rot-Buche und im Gegenzug einem Rückgang an Störungs- und Auflichtungszeigern, wie Calamagrostis epigejos, Digitalis purpurea oder Rubus idaeus. Dies deckt sich mit zahlreichen Untersuchungen aus Naturwaldreservaten, bei denen auch vergleichbare Wirtschaftswälder mit bearbeitet wurden. Sie zeigen alle eine deutlich höhere Artendiversität in der Bodenvegetation der bewirtschafteten Wälder im Vergleich zu den Nichtwirtschaftswäldern.

Die vergleichende Auswertung zeigt sehr gut, dass auch mit einer deutlich geringeren Stichprobenzahl die Struktur und das Arteninventar der Vegetation trotz der vorhandenen standörtlichen und strukturellen Heterogenität die langfristige Entwicklung der Bestände mit ihren Sukzessionstadien gut und statistisch absicherbar abbilden lässt.