Sukzession nach Borkenkäferbefall. Vegetationsentwicklung mit und ohne Schalenwild-Einfluss auf Weiserflächen im NWR Gebück

Universität Göttingen , Abt. Waldbau & Waldökologie der gemäßigten Zonen; Az.: Göttingen 01/2019

Zielsetzung:

Nach dem Trockenjahr 2003 wurden 2005 im Naturwaldreservat Gebück die an der Grenze zum Gemeindewald stehenden Fichtenteile zu dessen Schutz gefällt. Auf der Freifläche wurden 2006 11 Weisergatter aufgestellt. Ziel war, die sich einstellende Vegetationsentwicklung inner- und außerhalb der Weisergatter unter Einfluss unterschiedlicher Strukturen (Beschirmung, Totholz und Vorausverjüngung) zu untersuchen.

Methoden:

Die 2006 eingerichteten Weisergatterpaare (jeweils 12 x 12 Meter groß) wurden erstmals 2008 und dann wiederholt 2009, 2012 und zuletzt 2019 als vegetationsökologisches Monitoring nach dem kombinierten Probeflächen-Ansatz aufgenommen.
Die Vegetation wurde schichtweise nach Artenzahl und Deckung erfasst. Die Baum-, Strauch- und Krautschicht grenzen sich gegeneinander bei 5 m und 0,5 m ab. Neben der Vegetation wurde gesondert die Gehölzverjüngung erfasst.
Für die Vegetationsaufnahmen wurde der Shannon-Index und Evenness berechnet. Die Waldgefäßpflanzen wurden bezüglich ihrer Anteile in der Schicht (Strauch- und Krautschicht) bestimmt und Arten an Wald, Waldränder oder Offenland gebundenen zugeordnet.

Ergebnisse:

Insgesamt wurden 99 Pflanzenarten über den gesamten Untersuchungszeitraum erfasst, wobei die Flächen im Jahr 2009, also nach vier Jahren ungestörter Sukzession, die höchsten Artenzahlen aufwiesen (54, 76, 69 und 66 Arten in den einzelnen Aufnahmejahren). Die Abnahme war mit Zaun stärker als ohne.
Die mittleren Deckungsgrade der Strauch- und Baumschicht 2 waren zusammen genommen mit Zaun stets höher als ohne und stiegen zuletzt auf 75 % bzw. 39 % an. Demgegenüber waren die mittleren Deckungsgrade der Krautschicht ohne Zaun 2019 mit 45 % höher als mit Zaun mit 20 % im Mittel.
Aus der artenreicheren Strauchschicht im Zaun sind bis zu 9 Baumarten in die Baumschicht 2 eingewachsen, ohne Zaun waren es nur bis zu 3. Die ungezäunten Flächen weisen in allen Beobachtungsjahren höhere mittlere Artenzahlen in der Krautschicht auf, 2019 mit im Mittel 15 Arten pro 144 m² in den ungezäunten gegenüber nur 9 Arten in den gezäunten Flächen. Dabei zeigt die Artenzahl in der Krautschicht in beiden Varianten einen signifikanten Anstieg vom ersten zum zweiten Aufnahmejahr, fällt danach deutlich ab, dies jedoch stärker in den gezäunten Flächen.
Häufigste Baumarten in Strauch- und Baumschicht 2 sind entsprechend der Bestandessituation vor der Flächenräumung Buche und Fichte. Häufigste Pionierbaumarten sind in der Baumschicht 2 die Sand-Birke und in der Strauchschicht Eberesche, Sand-Birke und Sal-Weide. Insgesamt häufigste Art in der Strauchschicht ist Rubus idaeus. Dominante Art der Krautschicht über alle Untersuchungsjahre wie auch in den gezäunten als auch ungezäunten Flächen ist Deschampsia flexuosa.
Starker Verbiss wurde für Epilobium angustifolium, Rubus spec., Sambucus racemosa., Salix spec., Sorbus aucuparia, Populus spec. und Quercus petraea notiert. Schäle durch Rotwild wurde in der ungezäunten Weiserfläche mit Buchendickung festgestellt.
Die Verjüngungssituation der 11 Weiserflächenpaare war sehr heterogen, bedingt durch die Ausgangssituation wie Entfernung von Altbäumen, der Restüberschirmung, einer vorhandenen Vorausverjüngung oder der Dominanz bestimmter Arten in Kraut- und Strauchschicht: Weiserflächen mit Vorausverjüngung befanden sich 2019 im Dickungsstadium, im Wesentlichen dominiert von Buche und Fichte. Geringere Verjüngungsdichten aus Buche und/oder Fichte zu Beginn des Beobachtungszeitraums begünstigten dagegen lichtbedürftigere Mischbaumarten, wie z.B. die Pioniergehölze Birke und Eberesche. Trotz Zäunung hatte sich in einer Weiserfläche in den 12 Jahren keine Baumverjüngung eingestellt. Hier war von Anfang an Rubus idaeus sehr üppig entwickelt und erreichte zusammen mit Cytisus scoparius und Sambucus racemosa bis 2019 eine Deckung von 70 % ohne Beteiligung von Baumarten.
Die Mischbaumarten fallen ohne Zaun jedoch nicht vollständig aus, sondern verbleiben in der niedrigen Verjüngung (< 1,5 m). Offenbar sorgt eine mittlere Beweidungsintensität durch Rot- und Rehwild dafür, dass konkurrenzschwächere, lichtbedürftige Arten weiterhin existieren können, welche bei Schalenwildausschluss jedoch unter dem Konkurrenzdruck von hochwüchsigen Hochstauden oder Gehölzen rasch verschwinden

Fazit:

Die 11 Weiserflächenpaare im NWR Gebück bilden exemplarisch sehr gut die Entwicklungen nach großflächiger Störung eines Waldökosystems ab und lassen einen vergleichsweise vielfältig strukturierten Bestand erwarten, bei dem zwar Buche und Fichte dominieren, zu kleineren Anteilen auch Pionierbaumarten wie die Birke eine Rolle spielen werden.
Durch Wildeinfluss oder Konkurrenz mit verjüngungshemmenden Arten ist zu erwarten, dass ohne Zäunung einige Bereiche länger frei von Baumverjüngung bleiben werden.
Wildverbiss hat deutlich gebremstes Etablieren und Höhenwachstum der Baumarten zur Folge mit Konsequenzen für die Dichte und die Qualität wie auch für Anteile an Mischbaumarten.
Andererseits fördert der Wildeinfluss die Strukturvielfalt im Sukzessionsverlauf und hält Teilbereiche länger offen, so dass die Artenzahlen hier deutlich langsamer zurückgehen.