Kenngrößen Nadel-/Blattanalysen

 

Bewertung des Ernährungszustands

Die durch die chemischen Analysen erhaltenen Gehalte der Nährelemente in den Nadeln und Blättern werden üblicherweise anhand von Grenzwerten bewertet. In der Literatur sind für die Nährelemente jeweils Schwellen für eine mangelhafte, normale und luxuriöse Ernährung angegeben, die sich je nach Baumart unterscheiden. Gehalte im Bereich „normal“ sind unbedenklich und stehen für eine ausreichende bis optimale Versorgung der Pflanze mit diesem Nährstoff. Liegen die Gehalte darunter, liefert dies Hinweise auf eine unzureichende Verfügbarkeit. Reduziertes Wachstum und Mangelsymptome wie Blatt- bzw. Nadelvergilbungen, Verfärbungen oder Wuchsanomalien sind die Folge. Gehalte über dem Normalbereich können sich je nach Nährstoff ebenfalls negativ auf die Vitalität auswirken. So reduziert eine hohe Verfügbarkeit von Stickstoff die Widerstandskraft gegenüber Fraßschädlingen und Pilzerkrankungen. Ein Überangebot von Spurennährstoffen wie Mangan kann zu Störungen des Wachstums oder zu Schadsymptomen führen.
Da die Gehalte nicht nur von der Verfügbarkeit des Nährstoffs am Wuchsort, sondern beispielsweise auch durch Witterung, Fruktifikation, Nadel- bzw. Blattgewicht oder Baumalter bestimmt werden, ist eine Erweiterung der etablierten Verwendung von Grenzwerten sinnvoll. Dazu gehören Verhältnisse zwischen zwei oder mehreren Nährstoffen, was die Ausgewogenheit der Ernährung betrachtet und die durch den Einsatz von Grenzwerten erhaltenen Ergebnisse für die Interpretation gut ergänzt. Auch hier liegen für verschiedene Baumarten und Nährstoffkombinationen Werte aus der Literatur vor. Die Verlagerung von Nährstoffen aus alten Blättern und Nadeln vor deren Abwurf im Herbst kann ebenfalls ergänzende Informationen über die Ernährungssituation liefern. Dahinter steckt die Annahme, dass ein Nährstoff an einem Standort im Mangel stärker verlagert wird als an einem Standort mit ausreichender Verfügbarkeit. Elemente im Überschuss können sich sogar in alten Blättern anreichern, da diese von der Pflanze im übertragenen Sinne als Abfalleimer zur Entsorgung benutzt werden.

Pflanzenphysiologische Bedeutung der Nährelemente

Hauptnährelemente

Phosphor (P) wird für die Synthese von Phospholipiden und Nukleinsäuren sowie im Energiestoffwechsel benötigt und ist innerhalb der Pflanzen gut verlagerbar. Phosphor kommt im Boden in verschiedenen organischen und anorganischen Bindungen vor und wird von der Vegetation in Form von Phosphat aus der Bodenlösung aufgenommen. Die Pflanzenverfügbarkeit des vorhandenen Phosphors hängt von den vorhandenen Phosphor-Bindungsformen und dem pH-Wert ab, wodurch sie schwierig vorherzusagen ist.
Stickstoff (N) steht in der Biomasse mengenmäßig nach Kohlenstoff (C), Sauerstoff (O) und Wasserstoff (H) an vierter Stelle und wird für den Aufbau von Proteinen, Nucleinsäuren, Chlorophyll und Phytohormonen benötigt. Durch diese zentrale Rolle in der Pflanzenernährung ist die N-Verfügbarkeit ein bestimmender Faktor für das Wachstum. Sie wird nicht nur von den N-Gehalten und -Vorräten im Boden, sondern auch durch den Umsatz der organischen Substanzen bestimmt. Ein Überangebot von N kann andererseits die Aufnahme anderer Nährelemente behindern und zu einem Nährstoffungleichgewicht führen. Zudem kann sich dadurch die Anfälligkeit gegenüber Schädlingen erhöhen und die Frostresistenz abnehmen.
Die Versorgung mit Kalium (K) ist für den Wasserhaushalt der Pflanze von entscheidender Bedeutung, da über die K-Gehalte die Quellungsregulation, der Turgor sowie die stomatäre Leitfähigkeit gesteuert werden. Des Weiteren wird K zum Ladungsausgleich, zur Stabilisierung des pH-Wertes und zur Enzymaktivierung benötigt. K liegt in der Pflanze hauptsächlich als Ion K+ vor, wodurch es höchst mobil ist und einer starken Auswaschung unterliegt. Eine K-Mangelversorgung oder ein Ungleichgewicht zu anderen Nährstoffen kann die Anfälligkeit gegenüber Krankheitserregern erhöhen sowie die Frostresistenz herabsetzen.
Calcium (Ca) wirkt bei der Quellungsregulation als Antagonist zu K. Des Weiteren wird Ca als Enzymaktivator, beim Aufbau und der Stabilisierung des Zellgerüsts und zur Signalübertragung benötigt. Die Mobilität von Ca innerhalb der Pflanze ist gering, was mit der Zeit zu einer starken Ca-Anreicherung, jedoch ohne das Auftreten von Toxizitätssymptomen, führen kann. Allerdings unterliegt es wie K auch einer Auswaschung aus den Nadeln und Blättern im Kronenraum.
Magnesium (Mg) hat als Zentralatom des Chlorophylls eine wichtige Funktion bei der Photosynthese. Zudem trägt es zum Ladungsausgleich bei, ist Enzymaktivator und Bestandteil von Enzymen. Verglichen mit Ca ist Mg innerhalb der Pflanze besser verlagerbar, weshalb Mg-Mangelsymptome auch zuerst an älteren Blättern und Nadeln auftreten, von denen aus Mg mobilisiert und in jüngere Blätter transportiert wird.
Schwefel (S) wird von Pflanzen beim Aufbau von Proteinen für die enthaltenen schwefelhaltigen Aminosäuren wie Cystein und Methionin benötigt. S wird in Form von Sulfat aus dem Boden oder gasförmig aus der Luft als SO2 aufgenommen. Eine Speicherung von S ist als Sulfat oder durch den Einbau in Lipide mit schwefelhaltigen funktionellen Gruppen möglich.

Spurennährelemente

Spurennährelemente sind meist in deutlich geringeren Konzentrationen in den Nadeln und Blättern vorhanden. In höheren Konzentrationen lösen diese Elemente häufig toxische Wirkungen aus. Auf den Dauerbeobachtungsflächen werden Chlor (Cl), Mangan (Mn), Eisen (Fe), Kupfer (Cu), Zink (Zn) und Bor (B) untersucht. Eisen ist wie Magnesium ein wichtiger Baustein des Chlorophylls. Die Elemente Bor, Mangan, Kupfer und Zink sind für viele Stoffwechselvorgänge wie die Aktivierung von Enzymen essentiell. Die Mangan- und Eisengehalte sind zudem als Indikatoren für die Versauerung der Böden geeignet, da diese Elemente im Zuge der Bodenversauerung zunehmend mobil werden. Chlor  beeinflusst als Chlorid vor allem den Wasserhaushalt und das Kationen-Anionen-Gleichgewicht der Pflanzen. Zu einer Anreicherung in Pflanzen kommt es vor allem durch Streusalze, Deposition chlorhaltiger Immissionen, sowie durch ferntransportiertes Meerwasserspray.

Andere Elemente

Natrium (Na) ist für die meisten Pflanzen nicht essentiell, kann aber bei einigen Pflanzenarten das Wachstum fördern. Es zählt daher zu den nützlichen Elementen. Aluminium (Al) stellt für Pflanzen keinen Nährstoff dar, wird jedoch wie alle am Standort verfügbaren Elemente in gewissem Umfang in den Vegetationsorganen akkumuliert. Wie bei Mangan und Eisen nimmt die Mobilität von Al bei zunehmender Bodenversauerung zu.
Die Schwermetalle Cadmium (Cd) und Blei (Pb) werden nicht für die Ernährung der Pflanzen benötigt. Bereits in relativ geringen Konzentrationen zeigt Cadmium phytotoxische Wirkungen. Blei weist eine deutlich geringere Toxizität auf. Die Elemente gelangen vorwiegend bei industriellen Produktionsprozessen und bei der Verbrennung bleihaltiger Treibstoffe des Kfz-Verkehrs in die Luft. Auf Waldstandorten sind die Einträge im Vergleich zum Freiland durch die Interzeption der Bäume deutlich erhöht. Die Cd- und Pb-Gehalte in den Assimilationsorganen geben Hinweise auf die Schwermetallverfügbarkeit im Boden und sind als Indikatoren für mögliche toxische Wirkungen dieser Elemente geeignet.


Bewertungsrahmen der Elementgehalte in Nadeln und Blättern

Die Bewertung der Element-Gehalte in Nadeln und Blättern wird anhand der Grenzwerte von Göttlein (2015) durchgeführt. In den beiden Tabellen ist die Spanne des Normalbereichs sowie die Symptomgrenze (fallen die Nährstoffgehalte in Nadeln oder Blätter unter den Wert der Symptomgrenze, ist das Auftreten von Mangelsymptomen wie Vergilbungen, Verfärbungen oder Wuchsanomalien wahrscheinlich) für die Hauptbaumarten Buche, Eiche, Fichte und Kiefer angegeben.

Grenzwerte für die Hauptnährelemente der Baumarten Fichte (Picea abies), Kiefer (Pinus sylvestris), Buche (Fagus sylvatica), Eiche (Quercus robur + Quercus petraea)
SG = Symptomgrenze; Ug, OG = untere und obere Grenze des Normalbereichs
aus GÖTTLEIN (2015)

Grenzwerte für die Mikronährelemente der Baumarten Fichte (Picea abies), Kiefer (Pinus sylvestris), Buche (Fagus sylvatica), Eiche (Quercus robur + Quercus petraea)
SG = Symptomgrenze; Ug, OG = untere und obere Grenze des Normalbereichs
aus GÖTTLEIN (2015)

Weiterführende Literatur

GREVE, M.; BLOCK, J.; SCHRÖCK, H.-W.; SCHULTZE, J.; WERNER, W. & WIES, K. (2016): Nährstoffversorgung rheinland-pfälzischer Wälder. In: Mitteilungen aus der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz 76/16

GÖTTLEIN, A. (2015): Grenzwertbereiche für die ernährungsdiagnostische Einwertung der Hauptbaumarten Fichte, Kiefer, Eiche, Buche. Allgemeine Forst- und Jagdzeitung 186, S. 110–116

Kontakt

Dr. Martin Greve, martin.greve(at)wald-rlp.de,Telefon: +49-6131-884-268-128