Einflussfaktoren auf die Entwicklung bei Eiche
Der Kronenzustand der Eichen hat sich verschlechtert. Der Anteil deutlich geschädigter Probebäume ist gegenüber dem Vorjahr um 4 Prozentpunkte, die mittlere Kronenverlichtung um 3,7 Prozentpunkte, angestiegen. Diese Veränderung ist signifikant. Die Eiche ist damit wieder auf dem Niveau der maximalen Schäden der Periode von 1996 bis 2010 angekommen. Stark geschädigt oder abgestorben waren 9,1 % der Probebäume, frisch abgestorben waren 5 Probebäume. Diese Werte sind in der Zeitreihe bisher nicht in solcher Höhe beobachtet worden. Die Ausscheiderate liegt mit 0,7 % dagegen wieder unter dem langjährigen Schnitt der Zeitreihe. In den letzten Jahren sind ausgeprägte Schwankungen in der Entwicklung der Kronenverlichtung zu beobachten. Ursachen für diese Wechsel im Schadniveau sind nicht erkennbar.
In der Zeitreihe ist bei Eiche ein massiver Anstieg des Schadniveaus seit Beginn der Erhebungen festzustellen. In der Kronenverlichtung findet sich ein aufwärts gerichteter Trend bis zum Jahr 1999, in den Folgejahren ab 2000 sind starke Veränderungen im Schadniveau, aber keine eindeutig gerichtete Entwicklung zu sehen. 2008 setzte eine Erholungsphase bis 2016 ein. Die Eiche verfügt auch bei hohem Schadniveau über ein hohes Erholungspotenzial. In den Jahren bis 2016 profitierten die Eichen immer wieder von längeren Perioden mit für sie überwiegend günstigen Witterungsbedingungen, ohne dass ein Jahr mit umfangreichem Kahlfraß durch Insekten auftrat.
Einfluss von Insektenfraß und Pilzbefall
Der Eichenprozessionsspinner (Thaumetopea processionea) wird in den wärmebegünstigten Wuchsgebieten immer häufiger beobachtet. Er verursacht bisher nur unterschwellige Fraßschäden und ist damit noch unbedeutend für die Kronenverlichtung. Wegen seiner Brennhaare hat er aber eine hohe Bedeutung für die Aufnahmeteams. Bei zu starker Präsenz kann an dem Aufnahmepunkt die Waldzustandserhebung wegen der Gesundheitsgefährdung nicht durchgeführt werden. Aus den Beobachtungen der Waldzustandserhebungen und bei den Blattprobennahmen für die Waldernährungserhebung darf davon ausgegangen werden, dass der Eichenprozessionsspinner an zahlreichen Waldorten mit Eichen vorkommt, bisher jedoch in so geringer Dichte, dass er bei einem normalen Waldbegang meist unbemerkt bleibt.
Die Eichen erleiden regelmäßig mehr oder minder starke Schäden durch blattfressende Insekten. Häufig wird der Wiederaustrieb durch den Eichenmehltau (Microsphaera alphitoides), einen Anfang des vorigen Jahrhunderts nach Europa eingeschleppten Blattpilz, befallen.
Im Jahr 2023 ist der Anteil der Probebäume mit Fraßschäden gegenüber dem Vorjahr höher, die Fraßintensität blieb aber überwiegend gering. Es zeigt sich, dass sich die von Fraßschäden betroffenen Eichen in ihrem Kronenzustand signifikant stärker verschlechterten als die ohne Fraßschäden. Die Schäden durch blattfressende Insekten oder der Befall durch Blattpilze haben 2023 als Stressfaktoren zu dem Anstieg des Schadniveaus beigetragen, sind aber nicht hauptursächlich. Schäden durch blattfressende Insekten wurden an Eiche seit Beginn der Waldzustandserhebung 1984 immer wieder beobachtet und ihr Einfluss auf die Entwicklung des Kronenzustandes wiederholt bestätigt. Die mittlere Kronenverlichtung der Eichen, an denen Insektenfraß beobachtet wurde, entwickelt sich stets ungünstiger als die der Eichen, die frei von Fraßschäden sind. Auch der Mehltaubefall beeinflusst die Entwicklung des Kronenzustandes, die Photosynthese und der Nährstoffhaushalt wird beeinträchtigt, wodurch weniger Reservestoffe für das Folgejahr gebildet werden. Bei frühem und starkem Befall wird das Wachstum der Blätter eingestellt, sie bleiben auffällig klein, rollen an den Blatträndern ein und werden nekrotisch. Im Extremfall werden sie vorzeitig abgeworfen. Der Mehltau wirkt sich dann auch unmittelbar auf die Kronenverlichtung aus. Bei weniger intensivem Befall ist möglich, dass sich die Blätter trotzdem normal entwickeln. Je nach Ausprägung und Entwicklungsstadium ist daher Mehltaubefall zum Zeitpunkt der Erhebung vom Boden aus in den Baumkronen nicht immer zu erkennen oder in seiner Intensität sicher zu beurteilen. Es steht daher zu fürchten, dass das Ausmaß des Mehltaubefalls eher unterschätzt wird. Die Eiche kann einmal entstandene Kronenschäden nur regenerieren, wenn der Befall durch Insekten oder Mehltau allenfalls gering ist.
Der Zweipunktige Eichenprachtkäfer (Agrilus biguttatus), ein normalerweise nur in ohnehin schon absterbenden Eichen unter der Rinde brütender Käfer, hat sich in der Vergangenheit aber auch schon als gefährlicher Schwächeparasit gezeigt. Häufig wird der Befall durch den Prachtkäfer erst nach Abschluss der Erhebung ab Ende August in Form einzelner frisch abgestorbener Eichen sichtbar, die 2023 wie schon 2022, durch die langanhaltende Trockenheit ab 2018 geschwächt, auch ohne vorangegangenen Kahlfraß, dem Eichenprachtkäfer zum Opfer gefallen sind. Auf und im Umfeld der Intensivuntersuchungsfläche Merzalben sind durch Blattfraß und Mehltaubefall gefolgt von Prachtkäferbefall Ende der 1990er Jahre rund 20 % der damaligen 190-jährigen Alteichen abgestorben. Seither wird dieses Waldgebiet in einem gesonderten Projekt der FAWF dauerhaft beobachtet. Der Prachtkäfer profitiert von der warm-trockenen Witterung wohingegen die Eichen durch die Trockenheit geschwächt werden. Damit verschiebt sich das Verhältnis zwischen Eiche und Prachtkäfer zu Ungunsten der Eichen. Alarmierend ist daher, dass dieser Käfer nun in weiteren Eichenwäldern des Landes als Schädling im unteren Stammbereich gefunden wird. Dieses Phänomen kann in Folge des Klimawandels noch zu massiven Schäden an Eichen führen.
Die Eichen, die seit 1984 zum Kollektiv der Stichprobenbäume gehören (idente Probebäume) verdeutlichen den Anstieg des Schadniveaus ab 1984. Fast alle Eichen-Probebäume mussten einen Anstieg der Kronenverlichtung hinnehmen. Auch ist festzustellen, dass die stark geschädigten Eichen (Schadstufe 3) in den seltensten Fällen wieder regenerieren. Besonders in Gebieten mit Prachtkäferbefall sterben sie bald ab oder werden aus waldhygienischen Gründen entnommen und scheiden so aus dem Probebaumkollektiv aus. Bisher handelt es sich allerdings nur um einzelne Bäume. Doch sind auch einzelne Eichen beobachtet worden, die sehr starke Kronenverlichtung durch Regenerationstriebe aus dem Kroneninneren heraus wieder nahezu vollständig ausgeglichen haben.
Einfluss des Alters
Mit den umfangreicheren Daten des 4x4 km Stichprobenrasters (ursprüngliche Vollstichprobe) ist eine Aufgliederung nach 20-jährigen Altersklassen möglich. Diese Auswertungen zeigten, dass die mittlere Kronenverlichtung der Altersklassen von Anfang an auf unterschiedlich hohem Niveau lag und von der Verschlechterung des Kronenzustandes alle Altersklassen betroffen waren. Bei der Vollstichprobe 2004 ist für Eiche eine klare Steigerung des Schadniveaus mit steigender Altersklasse zu erkennen. In 2008 ist dieser Alterstrend verwischt, alle Altersklassen ab 40 Jahre haben ein ähnlich hohes Schadniveau erreicht. 2013 wird die Differenzierung nach Altersklassen wieder deutlich. Die stärksten Verschiebungen der Schadstufenverteilung zeigen sich damit bei den mittleren Altersklassen. Das bedeutet, dass diese Altersklassen erwartungsgemäß auch ein höheres Potenzial haben, einmal entstandene Kronenverlichtung wieder auszugleichen. Das lässt bei gleicher Schadstufenverteilung auf eine höhere Vitalität als bei ältere Bäume schließen. Bei Eiche hat sich die Alterszusammensetzung des Kollektivs der Probebäume seit 1984 verschoben. Der Anteil der jüngeren, bis 60-jährigen Probebäume, hat sich in etwa halbiert, der Anteil der über 120 Jahre alten dagegen verdoppelt. Die genauere Analyse des Kollektivs der Eichen-Probebäume mit einem Alter von über 160 Jahren zeigte jedoch, dass auch unter diesen sehr alten Eichen einige Probebäume einen guten Kronenzustand aufweisen und auch höhere Blattverluste regenerieren können.
Weitere Einflussfaktoren
Schäden durch Hagelschlag entstehen immer wieder, lokal eng begrenzt, während sommerlicher Gewitterstürme. Von der absoluten Zahl sind durch Hagelschlag geschädigte Probebäume meist unbedeutend. Die Hagelschäden prägen aber den Kronenzustand der betroffenen Bäume im Jahr der Erhebung, werden von vitalen Bäumen aber recht schnell regeneriert. So wurden 1999 an Eichen des Alters 61 Jahre starke Schäden durch Hagelschlag festgestellt, die damit verbundene Kronenverlichtung konnte aber innerhalb von 5 Jahren vollständig regeneriert werden.
Seit Beginn der Erhebung waren bei Eiche Vergilbungen der Blätter kaum beobachtet worden. An einigen Eichen werden immer wieder ins Gelbliche gehende Verfärbungen der Blätter oder hellgrüne bis gelbe Partien zwischen den Blattrippen beobachtet. Die genaue Ursache hierfür ist nicht bekannt, es könnte sich um Virenbefall oder Pilzinfektionen handeln. In einzelnen Jahren könnten die beobachtete Vergilbungserscheinungen auch mit Mehltaubefall zusammenhängen. Die Symptome dieses Blattpilzes äußern sich anfangs und bei nur schwachem Befall in gelblichen Flecken; das Pilzmycel ist in älteren Eichen vom Boden aus nicht erkennbar.
Ein Zusammenhang zwischen der Intensität des Fruchtbehanges und der Entwicklung des Kronenzustandes konnte bei den Eichen nicht festgestellt werden.
Weitere Informationen sind auf der Ebene „Forschung an Dauerbeobachtungsflächen“ unter „Kronenzustand“ in dem Abschnitt „Einflussfaktoren auf die Kronenzustandsentwicklung“ zu finden.