Einflussfaktoren auf die Entwicklung bei Fichte
Auch 2023 wird die Schadsituation der Fichte durch den Borkenkäferbefall bestimmt. 11 % der Probebäume sind infolge Borkenkäferbefalls vorzeitig entnommen worden oder waren zum Zeitpunkt der Erhebung frisch abgestorben. Bei den verbliebenen, noch lebenden Probebäumen hat sich das Niveau der Kronenschäden gegenüber dem Vorjahr verschlechtert. Eine scheinbare Verbesserung erfolgte durch den Aushieb abgestorbener Probebäume (Schadstufe 4, Rückgang um 3 Prozentpunkte auf jetzt 2 %). Der Anteil stark geschädigter Fichten ist leicht zurückgegangen (Schadstufe 3, Rückgang um 1 Prozentpunkt auf jetzt 3 %). Der Anteil mittelstark geschädigter Fichten ist dagegen um 7 Prozentpunkte angestiegen. Der Anteil schwach geschädigter Probebäume liegt um knapp 2 Prozentpunkte niedriger, der Anteil der Probebäume ohne sichtbare Schäden ebenfalls um 2 Prozentpunkte niedriger. Die mittlere Kronenverlichtung über alle Fichten-Probebäume blieb nahezu unverändert. Bei Fichte zeigt der Anteil deutlicher Schäden wie auch die mittlere Kronenverlichtung seit 1984 einen durchgehend ansteigenden Trend, beide haben 2021 neue Maximalwerte erreicht und blieben 2023 nur knapp darunter.
In den letzten Jahren litt die Fichte unter dem Trockenstress. Sie ist morphologisch gut angepasst und schließt ihre Spaltöffnungen, um die Verdunstung zu verringern oder ganz einzustellen. Unter extremen Bedingungen oder bei physiologischen Störungen der Spaltöffnungsapparate wirft die Fichte aber auch vorzeitig Nadeln ab, vorzugsweise ältere Nadeljahrgänge. In der Folge werden vom Astansatz her entnadelte, feine Seitenzweige ("Lamettasyndrom") sichtbar, ein Phänomen, das seit 2018 wieder regelmäßig zu beobachten war.
Absterbe- und Aussscheiderate
Die Absterberate ist der Anteil an Probebäumen, der im Jahr der Erhebung tot (100 % Nadel-/Blattverlust) angetroffen wird, nachdem er im Vorjahr noch gelebt hatte. Von 2022 auf 2023 waren 10 Probebäume frisch abgestorben, was einem Anteil von 1,3 % entspricht. Dieser Wert ist nach wie vor merklich höher als die Werte, die im Verlauf der Zeitreihe vor 2018 beobachtet wurden. Normalerweise werden abgestorbene Fichten zügig geerntet, um das Holz noch nutzen zu können. Diese hohen Werte der letzten Jahre zeigen damit auch, dass so viele Fichten abgestorben sind, dass die Holzernte nicht mehr rechtzeitig genug nachkommen kann.
Von 2022 auf 2023 sind 106 Probebäume ausgeschieden. Mit 14,3 % ist die Ausscheiderate das vierte Jahr in Folge überdurchschnittlich hoch. Hauptursache (drei Viertel der Fälle) ist die vorzeitige Entnahme nach Borkenkäferbefall, so auch an zwei kompletten Aufnahmepunkten, an denen sämtliche Fichten-Probebäume gefällt wurden.
Veränderung der Baumartenzusammensetzung
Seit 2017 die Anzahl der Fichten im Probebaumkollektiv um fast ein Viertel zurückgegangen. Ursächlich waren 2018 zunächst vor allem Sturmwürfe und in den folgenden Jahren Schäden durch Borkenkäfer. Damit kann die Abfolge von zu warmen und zu trockenen Jahren als unmittelbar ursächlich für eine Verschiebung der Baumartenzusammensetzung in den rheinland-pfälzischen Wäldern angesehen werden.
Die Fichte litt schon immer stärker als andere Baumarten unter Sturmereignissen oder dem Befall durch Borkenkäfer. Diese Schädigungen äußern sich bei der Waldzustandserhebung vornehmlich in der Ausscheiderate und nur ausnahmsweise im Kronenzustand. So weist die Fichte seit 1995 nahezu durchgehend die höchste Ausscheiderate aller Hauptbaumarten auf und die zwangsweise außerplanmäßige Nutzung infolge von Sturmschäden oder Insektenbefall ist in etlichen Jahren dominant. In verschiedenen Jahren hatten Winterstürme flächige Schäden in Rheinland-Pfalz verursacht. Die Fichte war hierbei stets am intensivsten betroffen. In der Folge breiteten sich regelmäßig Borkenkäfer aus.
Schon seit 1990 werden daher gezielt durch waldbauliche Maßnahmen wie Voranbau und Wiederaufforstung auch unter Ausnutzung natürlicher Sukzession die Fichtenbestände mit anderen Baumarten angereichert oder gänzlich ersetzt. Diese Strategie wird fortgesetzt, aber auf größeren Flächenanteilen erzwungen als planmäßig umsetzbar ist. Insbesondere die größeren Kahlflächen bereiten verschiedenste Probleme, die bei planmäßigem Umbau zu vermeiden wären. Landesforsten hat hier mit einer neuen Grundsatzanweisung "Waldverjüngung im Klimawandel" reagiert, um diesen Problemen zu begegnen.
In der Zeitreihe wird der Anstieg des Anteiles der deutlich geschädigten Probebäume ab 1984 durch den Vergleich mit der Entwicklung der Probebäume, die seit 1984 im Stichprobenkollektiv vertreten sind (idente Probebäume), bestätigt. Damit ist auszuschließen, dass die Entwicklung der Schadstufenverteilung seit 1984 durch die Veränderungen des Stichprobenkollektives wesentlich beeinflusst wird.
Einfluss des Alters
Die Aufgliederung nach den Altersklassen zeigt, dass von der Verschlechterung des Kronenzustandes von 1984 zu 2013 vor allem die Gruppe der älteren, über 60-jährigen Bäume betroffen war. Bei den jüngeren, bis zu 60 Jahre alten Fichten waren deutliche Kronenschäden von untergeordneter Bedeutung und bleiben in ihrem Anteil in der Zeitreihe auch relativ unverändert. Die Erholungstendenz zwischen den Vollstichproben 2004 und 2008 ist besonders gut bei den 40- bis 100-jährigen Fichten zu erkennen. Die mittlere Kronenverlichtung steigt in allen Altersklassen an, wobei sich ein weitgehend gleichgerichteter Verlauf auf sehr unterschiedlichem Niveau ergibt. Über alle Alter hinweg ist der Anstieg der mittleren Kronenverlichtung etwas stärker ausgeprägt als in den einzelnen Altersklassen, da neben dem allgemeinen Anstieg des Schadniveaus auch der Anteil an Probebäumen in den älteren Altersklassen angestiegen ist. So hat sich seit 1984 der Anteil der jüngsten Altersklassen bis zu 40 Jahren in etwa halbiert, der der ältesten ab 80 Jahren dagegen verdoppelt. Die genauere Analyse des Kollektivs der Fichten-Probebäume mit einem Alter von über 100 Jahren zeigte jedoch, dass auch unter diesen sehr alten Fichten einige Probebäume noch einen guten Kronenzustand aufweisen.
Weitere Einflussfaktoren
Die Vergilbung ist bei Fichte mittlerweile in allen Regionen unbedeutend geworden. Die Fichte ist in den höheren Lagen der Mittelgebirge stark verbreitet. Entsprechend stark war sie von den dort festgestellten Magnesiummangelvergilbungen betroffen. Die Mittelgebirgslagen waren aber unter den ersten Flächen, die mit Dolomitkalken behandelt wurden. Teilweise wurde bereits eine Wiederholung der Bodenschutzkalkung durchgeführt. Durch die Verbesserung der Magnesiumversorgung gingen die Vergilbungen stark zurück.
Fruchtbehang wird periodisch in einzelnen Jahren mit starker Zapfenbildung beobachtet. Im Laufe der Zeitreihe zeigte sich, dass stärkerer Fruchtanhang tendenziell zu einem Anstieg der Kronenverlichtung führt. In den Jahren mit starkem Fruchtbehang (wie 2022, 2020, 2018 und 2011) kann jedoch nicht differenziert werden, da nur wenige überwiegend zwischenständige Fichten ohne Zapfenbehang blieben. Die Zapfen werden an den Zweigspitzen anstelle des aktuellen Jahrestriebes gebildet. Der Einfluss der Fruktifikation ist bei Fichte nicht so ausgeprägt wie bei Buche. Dies dürfte auch daran liegen, dass die gebildete Trockenmasse bei Fichtenzapfen meist geringer als bei Bucheckern ist.
Mechanische Schäden wie Kronenbruch, Astabrisse oder Peitschschäden (Abreiben der Nadeln an Astspitzen durch Aneinanderschlagen der Baumkronen bei Sturm) werden soweit möglich aus der Bewertung des Kronenzustandes ausgeklammert. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass im Einzelfall länger zurückliegende mechanische Schäden oder leichtere Peitschschäden und Zweigauswehungen nicht als solche zu erkennen und aus der Kronenzustandsbewertung auszugrenzen sind. Das Erscheinungsbild des Baumes kann dadurch in Richtung einer höheren Kronenverlichtung beeinflusst werden. Einflüsse dieser Art können aus langjähriger Beobachtungspraxis heraus vermutet, aber anhand der Daten nicht nachgewiesen werden.
Für die häufig auftretenden Stammschäden ist festzustellen, dass kein Zusammenhang mit der Kronenverlichtung besteht.
Weitere Informationen sind auf der Ebene „Forschung an Dauerbeobachtungsflächen“ unter „Kronenzustand“ in dem Abschnitt „Einflussfaktoren auf die Kronenzustandsentwicklung“ zu finden.